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Deutscher Produzententag 2024

Thema: Rede

Donnerstag, 15. Februar 2024

„Der deutsche Film hat ein großes, ein enormes Potenzial“, betonte Kulturstaatsministerin Roth beim deutschen Produzententag, der auch in diesem Jahr wieder zum Auftakt der Berlinale stattfand. Um auf die aktuellen Entwicklungen in der Filmbranche zu reagieren und den deutschen Film sowie den Produktionsstandort Deutschland nachhaltig zu stärken und international attraktiv zu halten, wird derzeit die Filmförderung des Bundes reformiert. In ihrer Rede im Berliner Kino International stellte Roth die zentralen Elemente der geplanten Reform sowie die nächsten Umsetzungsschritte vor.

- Es gilt das gesprochene Wort -

„Alles, was ich lese, alles, was ich sehe, alles, was ich beobachte, das ist für mich alles Kino, alles Film“, sagte Bernd Eichinger. Doch was alles braucht man, um einen Film zu drehen? Eine Regisseurin oder einen Regisseur, eine Kamera, mindestens, Schauspielerinnen und Schauspieler, üblicherweise ein Drehbuch, Schnitt und Filmmusik. Ich könnte die Liste fortsetzen. Der Abspann von Filmen nimmt nicht umsonst mitunter zehn Minuten in Anspruch. Es müssen also einiges und einige zusammenkommen, damit ein Film entsteht.

Juristen dagegen würden sagen, das alles seien zwar notwendige, aber keine hinreichenden Bedingungen für eine Filmproduktion, denn der entscheidende Beitrag – ist die Produktion. Und sie haben – wie immer – recht.

Ein Film, der nicht produziert wird, ist nur eine Idee, ein Wunsch, eine Vision – ein Film ist es jedenfalls nicht. Entsprechend respektvoll bin ich Ihrer Einladung gefolgt – entsprechend groß ist aber auch meine Erwartung an Sie, was die Gesamtverantwortung für das filmische Schaffen in Deutschland und die gemeinsamen Reformanstrengungen angeht.

Die Filmbranche ist in einer schwierigen Lage. Die Konjunktur hat sich verschlechtert, Marktstrategien der globalen Player ändern sich und – anders als noch 2022 – geben Plattformen und Sender nun deutlich weniger Produktionen in Auftrag. Kein Wunder also, dass viele von Ihnen eher sorgenvoll in die Zukunft blicken. Doch ich bin – heute wie vor einem Jahr – überzeugt: der deutsche Film hat ein großes, ein enormes Potenzial!

Deutsche Filmschaffende sind international erfolgreich und gefragt. Die Oscar-Nominierungen zeigen es. Auch die heute Abend beginnende Berlinale führt uns die hohe Qualität des deutschen Films vor Augen.

Damit in Deutschland auch langfristig gute und erfolgreiche Filme entstehen, damit die Vielfalt der Filmindustrie und Filmkultur erhalten bleiben und wir auch international mit unserem Know-How und unseren filmischen Erzählungen etwas zu sagen haben – und ich bin überzeugt: wir haben es! - arbeiten wir gemeinsam mit Ihnen und gemeinsam mit ALLEN im öffentlichen Bereich, mit den Ländern, den Filmförderern und den Bundesressorts an einer grundlegenden Filmreform Wir brauchen – auch mit Blick auf die angespannte Haushaltslage – das Zusammenwirken aller an einem klaren Ziel. Wir brauchen die Bereitschaft aller zu klaren Priorisierungen, Struktur- und Verfahrensänderungen.

Wir wollen eine Filmreform aus einem Guss. Dafür haben wir, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BKM, viele der hier Versammelten, zahlreiche Kolleginnen und Kollegen im BMF, BMWK und BMAS und in den Landesministerien und Staatskanzleien ein Jahr geschuftet.

Heute darf ich Ihnen die Umsetzungsschritte erläutern und ich darf zugleich ankündigen, dass ich mich hierzu auch mit den Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern am 16. Februar weiter beraten werde sowie mit den Kollegen Lindner und Habeck und auch mit dem Bundeskanzler.

Im vergangenen Jahr hatte ich skizziert, wie ich mir das Ineinandergreifen einer Anreizförderung, einer Investitionsverpflichtung und eines neuen FFG sowie der reformierten jurybasierten Filmförderung des Bundes, die auch unter dem Dach der FFA vor allem eine kulturelle Filmförderung sein wird, vorstelle.

Heute darf ich sagen, dass wir uns mit unserem Referentenentwurf für ein neues Filmförderungsgesetz bereits in der formalen Abstimmung mit den Ressorts befinden und die Beteiligung der Länder und Verbände zeitnah einleiten werden.

Wie versprochen, wollen wir die Filmförderungsanstalt zur zentralen Fördereinrichtung für die Filmförderung auf Bundesebene ausbauen. Sie wird künftig zuständig sein für die Abwicklung sämtlicher Filmförderungen des Bundes. Sie wird also die zentrale Anlaufstelle für die Filmwirtschaft und zugleich das Scharnier für die Kooperation mit den Länderförderungen sein. Sie verantwortet künftig sowohl die durch die Filmabgabe finanzierte Förderung nach dem Filmförderungsgesetz (FFG) als auch die steuermittelfinanzierte Filmförderung für die BKM. Ganz wichtig ist, dass die Selbstverwaltungsautonomie der FFA durch eine spürbare Erweiterung ihrer Regelungsbefugnis gestärkt wird. Das gibt Ihrer Branche die Möglichkeit, flexibler und bedarfsgerecht auf Marktveränderungen zu reagieren.

Um Bürokratie abzubauen und die Förderung schlanker, planbarer und schneller zu machen, haben wir die Förderkommissionen im neuen Filmförderungsgesetz abgeschafft. Wir haben das Verfahren der Antragstellung auf den Prüfstand gehoben und Formvorgaben gestrichen, soweit sie nicht zwingend erforderlich sind. Durch aufeinander abgestimmte Erfolgskriterien als Fördervoraussetzungen in der jetzt vollständigen automatischen Produktions- und Verleihförderung wird die Abwicklung spürbar erleichtert.

Unser Referentenentwurf sieht vor, die Produktionsförderung zukünftig als eine ausschließlich automatische Referenzfilmförderung auszugestalten, die ohne lange Wartezeiten durch Juryentscheidungen eine planbare, verlässliche Grundfinanzierung schafft, ohne den Qualitätsanspruch an die geförderten Filme aufzugeben. Natürlich funktioniert das nur mit einem ordentlichen Wert je Referenzpunkt. Das Steuerungselement dafür hat nun die Branche maßgeblich selbst in der Hand, etwa durch die Bestimmung der sogenannten Festivalliste auf untergesetzlicher Ebene.

Den Zugang zur automatischen Produktionsförderung haben wir durch eine spürbare Senkung der Besucherschwellen deutlich erweitert: Programmfüllende Spielfilme qualifizieren sich ab 25.000 Besucherinnen und Besuchern, Kinder-, Dokumentar- und Nachwuchsfilme ab 10.000 Besucherinnen und Besuchern für die Produktionsförderung. Zugleich stellen wir durch eine klare Fokussierung auf eindeutige Erfolgskriterien auch die Qualität der geförderten Filme sicher.
Um das kreative Potenzial schon mit Beginn der Entstehung eines Films unterstützen zu können, war es mir ein Anliegen, auch die Autorinnen und Autoren, Regisseure und Regisseurinnen angemessen am Erfolg teilhaben zu lassen und damit auch in diesen Bereichen Anreize für die Herstellung neuer Kinofilmprojekte zu setzen. Im FFG-Referentenentwurf haben wir dazu eine gedeckelte Beteiligung dieser Gruppen in Höhe von jeweils fünf Prozent der Förderhilfe pro Kategorie bis maximal 30.000 Euro vorgesehen.

Auch mit dem Ausbau und der Modernisierung der jurybasierten Entwicklungsförderung aus Mitteln der BKM stärken wir die Autorinnen und Autoren und die Entwicklung von innovativen und kreativen Stoffen. Im Fokus steht hier vor allem die Erweiterung des bisherigen Förderspektrums im Bereich Entwicklung um neue Förderinstrumente wie die Treatment- und die Projektentwicklungsförderung. Darüber hinaus soll durch eine enge Begleitung der geförderten Stoffe durch ein ausgebautes Drama Department und die Übernahme von Kosten für dramaturgische und andere fachliche Beratung ein Beitrag zur Steigerung der Qualität geleistet werden. Mit all diesen Maßnahmen wollen wir auch Sie, die Produzentinnen und Produzenten, erheblich im Bereich der risikobehafteten und kostspieligen Entwicklung von Kinofilmen entlasten.

Auch die Kinoförderung soll effizienter, schneller und planbarer werden. Dafür sieht das Filmförderungsgesetz künftig eine teilautomatische Projektförderung vor. Es wird in der FFA also keine Kommission mehr über die Anträge entscheiden, sondern nach den Bedarfen der Kinos gefördert werden. Die Förderung nach dem Filmförderungsgesetz wird für Kinos auch insgesamt attraktiver werden, da wir die mögliche Förderung als Zuschuss von 30 auf 50 Prozent erhöhen wollen. Außerdem soll am Schutz des exklusiven Auswertungsfensters für Kinos (bei den Sperrfristen auf Gesetzesebene) festgehalten werden.

Daneben arbeiten wir an einer Reform der kulturellen Kinoförderung der BKM. Die Programmkinos und Kinos im ländlichen Raum sollen durch verstärkt automatische Strukturen unterstützt werden. Ziel ist es, all denjenigen Kinos und Verleihunternehmen zu helfen, die sich mit viel Engagement dafür einsetzen, dass deutsche und europäische und künstlerisch anspruchsvolle Filme zum Publikum gebracht werden.

Wir wissen alle, dass wir mit unseren bisherigen Standortförderinstrumenten, dem Deutschen Filmförderungsfonds (DFFF) und dem German Motion Picture Fund (GMPF), im internationalen Standortwettbewerb um hoch budgetierte Film- und Serienprojekte mit erheblichem Investitionsvolumen einen schweren Stand haben. Der Grund ist vor allem, dass die bisherige automatische Förderung durch DFFF und GMPF bei einer dynamischen Nachfrage aufgrund der Abhängigkeit vom jährlichen Bundeshaushalt und der bestehenden Deckelung an Grenzen stößt. Vor allem große Projekte haben oft mehrjährige Vorlauf- und Planungszeiten und finanzieren sich aus vielen unterschiedlichen Quellen. Dieses Problem wird auch in anderen Staaten mit Filmförderung gesehen, sodass international immer mehr Steueranreizmodelle in der Filmförderung eingeführt worden sind. Das hat bei uns in Deutschland nicht nur zu einem erheblichen Rückgang internationaler Großproduktionen geführt, sondern auch zu einem Abwandern deutscher Produktionen in das benachbarte Ausland. Mein Haus hat einen Diskussionsvorschlag für ein Filmförderungszulagengesetz erarbeitet, mit dem eine planungssichere steuerliche Anreizförderung für deutsche und internationale Film- und Serienproduktionen nach internationalem Standard unabhängig vom jährlichen Haushalt eingeführt wird. Damit soll Deutschland als international wettbewerbsfähiger Produktionsstandort nachhaltig gestärkt werden. Dies trägt wesentlich zu Sicherung und Ausbau der deutschen Produktionsunternehmen, Dienstleister und Studios bei. Es ist aber auch im übergeordneten volkswirtschaftlichen Interesse von Bund und Länder. Von DFFF I, II und GMPF wissen wir, dass die Folgeinvestitionen am Filmstandort Deutschland rund das 6-fache der eingesetzten Fördergelder betragen. Einen vergleichbaren Hebeleffekt erwarten wir auch vom Steueranreiz. Hinzu kommen weitere volkswirtschaftliche und fiskalische Effekte am jeweiligen Standort, also erhöhte Steuereinnahmen, etwa bei der Körperschafts- und Einkommenssteuer, Sozialabgaben sowie ein Boost für Fachkräfte und Beschäftigungswachstum. Das sind alles starke Argumente, für einen Steueranreiz, der auch im vitalen Interesse der Länder ist.

Wir wollen den Technologietransfer fördern und eine vielfältige Filmindustrie mit hochqualifizierten Fachkräften ausbauen. Die Einführung eines solchen steuerbasierten Anreizmodells zur Stärkung des Filmproduktionsstandortes Deutschland erfordert jedoch eine Neuregelung im nationalen Recht durch den Bundesgesetzgeber. Das ist wirklich ein großer Wurf, für den ich mir die Unterstützung aller Akteure wünsche, also auch des Bundesfinanzministers und der Länder. Die Diskussion ist derzeit in vollem Gang und wir haben den Ressorts und den Ländern unsere Vorschläge übermittelt.

Das gilt auch für unseren Vorschlag eines Investitionsverpflichtungsgesetzes. Sie alle wissen, dass Videoabrufdienste und Fernsehveranstalter, die sich an das deutsche Publikum richten, auf dem deutschen Markt viel Geld verdienen. Sie profitieren von den bestehenden Anreizförderinstrumenten und künftig in noch stärkerem Maße von der reformierten Filmförderung des Bundes. Darum ist es gerechtfertigt, diesen Mediendiensteanbietern zusätzlich zur Filmabgabe Investitionsverpflichtungen aufzuerlegen, um angemessene Investitionen in europäische Werke sicherzustellen. Wir haben deshalb auf der Basis eines umfassenden verfassungsrechtlichen Gutachtens auch den Diskussionsentwurf eines Investitionsverpflichtungsgesetzes vorgelegt, nach dem alle in- und ausländischen audiovisuellen Mediendiensteanbieter, die in Deutschland einen Mediendienst auf Abruf anbieten, verpflichtet werden, 20 Prozent ihres im Vorjahr auf dem deutschen Markt mit ihren Online-Angeboten generierten Umsatzes wieder in europäische audiovisuelle Produktionen zu investieren, mit Unterquoten für Erstinvestitionen, für original deutschsprachige Produktionen, in geringerem Maße für Kinofilmproduktionen und für Produktionen von unabhängigen Produzenten. Und wir wollen eine faire und nachhaltige Teilhabe der unabhängigen Produzentinnen und Produzenten an den Rechten ihrer Produktionen sicherstellen. Künftig sollten bei Produktionen, die auf die Investitionsverpflichtung angerechnet werden sollen, deshalb die Rechte nach fünf Jahren an die unabhängigen Produzentinnen und Produzenten zurückfallen. Mit diesem Investitionsverpflichtungsgesetz können wir dauerhaft ein stabiles Investitionsvolumen im Sinne einer besseren Planbarkeit gewährleisten, die Struktur der deutschen Filmwirtschaft stärken und den Innovationswettbewerb fördern. Auch zu diesem Diskussionsentwurf sind wir derzeit in intensiven Abstimmungen mit den Ländern und innerhalb der Bundesregierung.

Sie wissen, dass Diversität für mich von herausragender Bedeutung ist, auch im deutschen Film. Sie wird bei der geplanten Reform deshalb auf allen Ebenen mitgedacht. Konkret planen wir die Installation eines Diversitätsbeirats bei der FFA, besetzt mit Vertreterinnen und Vertreter der Branche, die den verschiedenen Diversitätsdimensionen zuzurechnen sind. Die FFA soll den Beirat bei Fragen zu Diversität und Inklusion hinzuziehen. Darüber hinaus wird im FFA-Verwaltungsrat ein neuer Sitz für im Diversitätsbeirat vertretene Organisationen geschaffen. Wir überlegen, möglichst auch konkrete, finanzielle Anreize zur Förderung von Diversität zu setzen und Produktionen besonders zu unterstützen, die mit einem diversen Stab arbeiten. Aufgrund datenschutzrechtlicher Hürden ist das derzeit noch ein „work in progress“, sodass im aktuellen Referentenentwurf allgemein die Schaffung von Anreizen für mehr Diversität vorgesehen ist. Darum ist es umso wichtiger, dass die Produktionsfirmen selbst ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden und noch viel stärker als bisher daran mitwirken. Denn diejenigen, die an den Produktionen beteiligt sind, sollen die Vielfalt der Gesellschaft angemessen abbilden.

Sie sehen, meine Damen und Herren, es geht vorwärts: Wir haben zu allen drei zentralen filmpolitischen Vorhaben der Bundesregierung konkrete Entwürfe für ein Gesamtpaket vorgelegt, das nach unserer Vorstellung ab dem Jahr 2025 die Zukunft der Filmförderung einläuten kann. Erfolg können wir nur gemeinsam haben. Filmbranche, Länder und Bund. Alle drei starten wir von unterschiedlichen Positionen. So wie es auch die einzelnen Elemente der Reform tun. Wichtig ist, dass wir alle gemeinsam ins Ziel kommen. Daran wollen wir weiterarbeiten. Jeder in seiner Verantwortung und alle dem gemeinsamen Ziel verpflichtet. Und Sie tun dies ab heute also nun als „Produktionsallianz“! Herzlichen Glückwunsch zum neuen Namen, der die Vielfalt der Produktionslandschaft besser wiedergibt.
Lassen Sie uns gemeinsam für diese Zukunft der Filmförderung streiten!

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